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15.01.2017

ganz einfach.

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meine mitbewohnerin ist ein zirkuskind. es pfeift
auf den rest der welt, züchtet flöhe unter dem bett,
hält sich an gaukler, spielmänner, zahlencodes.
immer dreht es sich im kreis & wartet auf applaus.
solange die maske hält, ist alles gut.

die nummer erinnert an früher, als ich die zukunft
träumte & nichtsdestotrotz ums leben ruderte.
damals, im grossen kartenhaus über dem nebelmeer,
mit wochenendkindern & zornigem mann.
– lang ist’s her.

jetzt bin ich alt & leise, setze den fuss in die luft,
verliere ich mich im blau. ich putze vier katzen &
einer seiltänzerin hinterher. die wirklichkeit
verblasst mit der zeit; das macht es leichter.
– und doch.

ich wünsche mich in unversehrte tage.
wo ich nur ich bin. ohne schlangenlinien,
hochseilakte, fliegende seitenwechsel.
wo nachts nacht ist & tags hellichter tag.
– ganz einfach.


marianne rieter
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2 Kommentare:

  1. "die wirklichkeit verblasst mit der zeit"
    eine zeile, um die ich etwas gäbe ...

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  2. oh, wie gut ich dieses gedicht verstehe
    (obwohl ich ein Mann bin *schmunzel*)

    never go on-stage without your mask
    immer diese Angst, die Maske könne rutschen

    diese Zeilen sind eine Bestandsaufnahme
    sachlich, ohne Bitterkeit

    und am Schluss der ganz bescheidene Wunsch
    nach der einfachen Struktur und deren Schönheit

    der Text von einem Profi
    -ganz einfach


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danke *-)